Wenn im Spätherbst die Temperaturen fallen, suchen die Zecken vor allem in Nestern von Mäusen, der Laubstreu aber auch in Maulwurfsbauten oder Fuchshöhlen Schutz vor der Kälte. Eine geschlossene Schneedecke wirkt dort sogar isolierend. „Nur lange, schwere Fröste, bei denen der Boden über 20 cm durchfriert, haben einen Einfluss auf die Zeckenpopulation“, erläutert Professor Heinz Mehlhorn, Parasitologe an der Universität Düsseldorf. Das ist in Deutschland in einem normalen Winter allerdings selten der Fall. Der Experte weiß, dass Zecken sehr robust sind: Selbst in Sibirien kommen sie vor. Auch die Eiszeiten haben den Zecken nichts anhaben können. „Trockene Sommer sind für Zecken viel eher ein Problem als kalte Winter“, so Mehlhorn.
Steigen die Temperaturen wieder über 7 Grad Celsius werden die Zecken aktiv. Das kann auch an einem milden Wintertag der Fall sein. Dann klettern die auch als Holzböcke genannten Tiere an Grashalmen, Stauden oder Büschen hoch und warten auf einen warmblütigen Wirt, an den sie sich anheften können. Das Kommen eines Rehs oder Menschen können Zecken gut erkennen: Sie spüren die Erschütterung des Bodens und riechen den Schweiß und Atem. Gelingt es der Zecke, sich mit den Vorderbeinen am Wirt festzukrallen, sucht sie unter Umständen mehrere Stunden nach einer geeigneten Einstichstelle. Dort, wo die Haut dünn und gut durchblutet ist, sticht sie zu. Vom Stich selbst merkt der Wirt oft nichts, da die Zecke schmerzstillende Stoffe mit dem Speichel in die Wunde abgibt. Mehrere Tage saugt die Zecke nun Blut und gibt ein Teil der Flüssigkeit mit Speichel vermischt wieder zurück.
Bei dieser Blutmahlzeit kann die Zecke deshalb sowohl selbst Erreger aufnehmen als auch den Wirt anstecken. „In Deutschland sind 20 bis 30 Prozent der Zecken mit Borrelien infiziert“, so Mehlhorn. Die schraubenförmigen Bakterien können zur Krankheit Lyme-Borreliose führen, die mit Antibiotika gut behandelt werden kann, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Ein typisches Zeichen ist das Auftreten einer Wanderröte nach dem Stich, das allerdings auch fehlen kann.
Aber Zecken können nicht nur Bakterien sondern auch Viren übertragen. Während Zecken mit Borrelien in ganz Deutschland vorkommen, sind Zecken mit FSME-Viren vor allem in Süddeutschland verbreitet. Allerdings zeigen die FSME-Verbreitungskarten auch Erkrankungsfälle aus dem Norden und Osten Deutschlands. „An manchen Stellen tragen bis zu 5 Prozent der Zecken das FSME-Virus“, erläutert Mehlhorn. Das FSME-Virus kann zu einer Entzündung von Hirn und Hirnhäuten, einer Früh-Sommer-Meningo-Encephalitis, führen, die man nicht ursächlich behandeln kann. Allein eine rechtzeitige Impfung kann vor der Krankheit schützen. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut in Berlin die Impfung für alle Zecken exponierte Personen, die sich in Risikogebieten aufhalten. Neben Forstarbeitern oder Landwirten sind das auch alle, die in ihrer Freizeit gerne die Natur genießen.
Aber nicht nur in Wäldern lauern die Zecken. Immer häufiger halten sie sich ganz in der Nähe des Menschen auf. In naturnahen Gärten locken Komposthaufen Igel und Mäuse an, selbst Füchse kommen zunehmend in die Wohngebiete. Mit den Tieren verbreiten sich so auch die Zecken im Lebensraum des Menschen. „Zecken sind überall da, wo auch Tiere sind, die Zecken befallen“, so Mehlhorn. Auch wenn Zecken selbst wenig beweglich sind, überwinden sie mit ihren Wirten große Distanzen. Selbst wenn ein extremer Winter den Zecken in einer Region stark zusetzt, sind diese Gebiete schon bald wieder von Zecken befallen.